Die gute Nachricht zuerst! Hier kommt eine ISO-Norm, deren Einhaltung einen fetten Vorteil bringt. Für Unternehmen ist das auch noch freiwillig, soweit sie nicht der öffentlichen Hand unterstehen. Was das bringt? – Mehr Besuche auf Ihrer Website und ein besseres Nutzererlebnis. Ach so, und eine schlechte Nachricht gibt’s dabei nicht!

Vielleicht sitzen auch Sie diesem fatalen Missverständnis auf: Ich soll jetzt meinen Internetauftritt barrierefrei machen? Aufwand, umständlich, und wie viele in meiner Zielgruppe brauchen das überhaupt? Die zentrale Frage ist aber eine ganz andere.

Wollen Sie im Internet gefunden werden?

… Und wollen Sie, dass die Besucher Ihrer Seiten gerne dort stöbern, wiederkommen und Ihr Angebot nutzen? Dann brauchen Sie natürlich neben einer gut designten Website eine professionelle Suchmaschinenoptimierung (SEO), damit Google und Co Ihr Angebot auf der ersten Seite der Suchergebnisse präsentieren. Der Clou ist jetzt: So gut wie alles, was Sie für barrierefreie Webseiten tun, ist zugleich hoch wirksame SEO. Und ein beträchtlicher Teil dieser Maßnahmen hinterlässt bei allen Seitenbesuchern einen positiven Eindruck. Auf den einfachsten Nenner gebracht:
SEO heißt immer zuerst Optimierung für Menschen, nicht für Google. Nicht optimierte Websites können zu weniger Suchanfragen und geringerer Sichtbarkeit führen, da die Nutzer sie in der Regel meiden.
Barrierefreie Websites haben unter anderem bessere Suchergebnisse, geringere Wartungskosten und eine größere Reichweite. Das zeigen Fallstudien laut World Wide Web Consortium (W3C).
Google bewertet die leichte Zugänglichkeit von Websites positiv. Auf der Accessibility-Seite heißt es: „Jeder sollte auf das Internet zugreifen und seine Vorzüge genießen können. Wir setzen alles daran, dies zu verwirklichen.“
Mit barrierefreiem Webdesign gehören Sie zu den Guten. Anderenfalls verwehren Sie nämlich ganzen Gruppen der Zugang zu Kommunikation und Informationen.
Unterschätzen Sie auch nicht, wie groß die eigentliche Zielgruppe für barrierefreies Internet tatsächlich ist! Gut 25 % der Befragten in der EU gaben bei Eurostat an, von „seit langem bestehenden Einschränkungen betroffen zu sein“. Und ca. 20 % der Bevölkerung sind über 60 Jahre alt. Diese Menschen haben gehäuft Probleme, sich ungehindert im Internet zu bewegen.

10 SEO-Maßnahmen für barrierefreie und nutzerfreundliche Websites

Die folgenden Tipps zur Suchmaschinenoptimierung sind unterschiedlich wirksam und technisch teils mehr, teils weniger anspruchsvoll. Wenn Sie nicht alle auf einmal angehen: Auch jede einzelne SEO-Maßnahme für sich ist bereits ein Schritt nach vorne.

1. Finden Sie optimale Title-Tags

Der Title-Tag ist der Titel – nicht unbedingt die Hauptüberschrift! – einer Webseite. Er beschreibt das Thema der Seite für Nutzer und Suchmaschinen. Sehbehinderte Nutzer können den Title-Tag mit dem Bildschirmlesegerät gleich beim Laden der Seite lesen und wissen so, wo sie sind.
Der Titel-Tag enthält vor allem das Keyword, unter dem Sie erfolgreich gesucht werden wollen. Gute Title-Tags übernimmt Google: als auffällige Überschrift zum Suchergebnis.

2. Sorgen Sie für klare URL-Slugs

URL-Slugs sind leider oft ein Rattenschwanz an Zeichen nach der Domain in Ihrer Webadresse: Kauderwelsch, für Suchmaschinen wie für Menschen kaum verständlich. Bildschirmlesegeräte lesen das aber mit und treiben ihre Nutzer so in den Wahnsinn. Aber auch der klar beschreibende Teil der URL muss genau sein, um weiterzuhelfen. Zum Beispiel bei https://bgp.de/leistungen/ weiß man genau, auf welche Seite man zugreift.

3. Lassen Sie Ihre Bilder „sprechen“

Alt-Text (Alt steht für alternativ) ist das, was Benutzer meist nur sehen, wenn ein Bild nicht richtig geladen wird. Der Alt-Text wird ebenfalls von Bildschirmlesegeräten gelesen. So wissen auch sehbehinderte Menschen, dass es ein Bild gibt und was es zeigt. Fehlender Alt-Text verringert die Chancen auf eine gute Platzierung des Bildes in der Bildersuche.
Beim Hochladen oder Einfügen von Bildern auf eine Seite gibt es meist ein eigenes Feld für den Alt-Text. Hier schreiben Sie ganz knapp, was man auf dem Bild sieht – idealerweise unter Verwendung eines Keywords für die Seite. Das ist dann für Google wieder ein Indiz, was Thema dieser Seite ist.

4. Bringen Sie Ordnung in die Überschriften

Die Überschriften Ihrer Seite strukturieren den Inhalt für Suchmaschinen und Nutzer. Das steigert das Google-Ranking ebenso wie die Übersichtlichkeit und Lesbarkeit. Und auch dies unterstützt die Funktion von Bildschirmlesegeräten.
Wichtig bei Überschriften ist nicht nur, dass sie den Inhalt gut gliedern und treffend beschreiben. Sie sollten auch korrekt formatiert werden, also nicht einfach z. B. in größerer Schrift und fett, sondern entsprechend der Gliederungshierarchie mit den passenden Absatzformaten H1, H2 (für „Headline“) usw. Ein Mensch mit Sehbehinderung, der ein Bildschirmlesegerät verwendet, hört diese Texte als „H1, Text des Haupttitels“, „H2, Text des Untertitels“ usw.

5. Weisen Sie aufdringliche „Störer“ in die Schranken

Interstitials heißen die lästigen Unterbrecher, die z. B. als Anzeigenbanner oder eigene Pop-ups auf vielen Seiten auftauchen. Einige davon können Ihr Ranking nach unten ziehen, und zwar zu Recht. Denn Elemente, die Inhalt verdecken, Videos, die automatisch in der Seitenleiste abgespielt werden – all das ist nicht nur allgemein unangenehm, sondern kann Ihre Seite auch zu einem Albtraum z. B. für Nutzer mit mentalen Beeinträchtigungen machen. Reduzieren Sie also Interstitials auf ein Minimum. Und wenn sie denn welche einsetzen, dann gestalten Sie sie diskret.

6. Machen Sie keine Achterbahn aus Ihren Seiten

Kennen Sie das? Sie fangen an, eine Seite zu lesen, und der ganze Aufbau verschiebt sich plötzlich aufgrund von Anzeigen und anderen Elementen. Das Phänomen heißt kumulative Layout-Verschiebung oder CLS. Nicht nur wer auf ein Bildschirmlesegerät angewiesen ist – diese Menschen aber besonders! – kriegen hier die Krise.
Bildschirmlesegeräte wie NVDA lesen nicht nur den Inhalt der Seite, sondern auch das, worauf der Cursor des Benutzers zeigt. Bei einer Layoutverschiebung muss man also erst umständlich herausfinden, wo auf der Seite man gerade noch war. Stellen Sie deshalb sicher, dass Ihre Seiten einen reservierten Bereich für dynamische Inhalte bekommen, außerdem bestimmte Abmessungen für Bilder und Videos, schließlich auch optimierte Schriftarten.

7. Mit Schrift und Farbe spielt man nicht!

Der schönste Text ist für die Katz, wenn er anstrengend zu lesen ist.
Hier müssen Sie auf zwei Dinge achten:
Schriftart und Schriftgröße:
Text kann zu klein oder zu stilisiert sein. Letzteres passiert, wenn Ihr Webdesigner die Schrift nach extravagant ästhetischen Kriterien auswählt.
Das ist schon auf Papier unfreundlich – für Bildschirme ist es eine Todsünde.
Außerdem müssen Sie damit rechnen, dass unter anderem sehbehinderte Personen ohne Bildschirmlesegerät zum Lesen maximal in die Seite hineinzoomen. Nicht selten bricht dann aber das Seitenlayout zusammen. Das darf auch nicht passieren. Gute responsive Designs vergrößern Inhalte, ohne dass man mit einer Bildlaufleiste nach links und rechts zu navigieren braucht.
Farbschema:
Auch hier geht Lesbarkeit vor „kreativem“ Design. Der Grundfehler ist zu geringer Kontrast zwischen Textfarbe und Hintergrund oder zwischen der Farbe von Links und normalem Text. (Menschen mit Sehbehinderungen sind wiederum besonders davon betroffen.) Schwarzer Text auf weißem Hintergrund geht immer; bei der Farbwahl kommt Lesbarkeit vor Corporate Design – oder was Ihnen sonst noch einfallen könnte. Vermeiden Sie jedenfalls Rot-Grün-Kombinationen: Satte 8 % der Männer sind „farbenblind“ (Frauen nur zu 0,4 %).

8. Wird man bei Ihnen mauslos glücklich?

Navigieren mit der Tastatur mag Ihnen bizarr vorkommen. Ist es aber nicht. Personen mit eingeschränkter Motorik von Hand oder Fingern können die Maus oft nur schwer oder gar nicht bedienen. Aber auch viele andere Nutzer bevorzugen eine Tastatursteuerung, wo immer es möglich ist. Bei der Navigation sind das meist Pfeil-, Tabulator- und Positionstasten.
Je mehr Elemente mit Tastaturbefehlen ansteuer- und bedienbar sind, desto besser. Einige Details: Hilfreich für Tastaturnutzer ist zunächst eine Schaltfläche „Navigation überspringen“ oder „Zum Hauptinhalt springen“ oben auf der Seite. Damit lassen sich auf Wunsch die verschiedenen Navigationslinks übergehen. Als Nächstes sollten Sie Dropdown-Listen mit den Pfeiltasten navigierbar machen und die verschiedenen Schaltflächen und Links per Tabulatortaste erreichbar gestalten. Ein gut sichtbarer „Tastaturfokus“ hilft zu erkennen, wo man sich auf der Seite befindet, etwa durch farbliche Hervorhebung oder einen Rahmen.

9. Machen Sie Ihre Videos lesbar

Einige Maßnahmen dienen nicht nur der Barrierefreiheit, sondern verbessern auch sonst die Nutzbarkeit von Videos, etwa wo der Ton nicht abgespielt oder gehört werden kann. Dazu gehören Untertitel im Video oder Transkripte. Diese Abschriften lassen sich u. a. mit der Diktierfunktion verschiedener Programme auch nachträglich effizient erstellen. Erwünschte Nebenwirkung: Transkripte sind für Suchmaschinen interpretierbar und signalisieren relevanten Inhalt.

10. Vermeiden sie Videos mit flackerndem Licht

Wenn Sie selbst Videos erstellen, achten Sie schließlich darauf, schnell wechselnde Lichtkontraste bis hin zu Blitzen möglichst zu vermeiden. Einige Menschen reagieren empfindlich darauf, manchmal bis hin zu Anfällen. Bei eingebetteten fremden Videos, wo Sie nichts verändern können, sollten Sie mit einer Triggerwarnung darauf hinweisen.

Fazit: Barrieren mag eh keiner, also weg damit

Wenn Sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können… Die meisten Mängel hinsichtlich barrierefreier Webseiten entstehen nicht, weil es leider sein musste, sondern aus Unkenntnis, ungebührlicher Hast oder Schlamperei. Wenn Sie das reparieren, können Sie nicht nur mit einer normgerechten Website glänzen; Sie heben auch die Qualität Ihres Internetauftritts für alle Besucherinnen und Besucher – was Ihnen direkt und auf dem Umweg über Google mehr Leute bringt. Und dazu machen Sie ja das Ganze.


Dieser Blogbeitrag basiert auf dem ausführlicheren SEO-Leitfaden „Website Accessibility Practices for SEO“, übersetzt und redigiert mit freundlicher Genehmigung von Sean Si, philippinischer Motivationsredner und Leadership Speaker sowie Inhaber und Blog-Chefredakteur von seo-hacker.com.

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